Die Überschrift wirft natürlich einige Fragen auf? Warum komme ich gerade auf die fast schon absurde Idee, eine 8 Jahre alte Shimano Citica 201D mit gerade mal 5 Kugellagern gegen eine aktuelle und ans Limit getunte Daiwa Tatula Type R mit 11 Kugellagern antreten zu lassen. Es gab dafür nur einen Grund welchen ich mit 2 Bildern erklären möchte - die (fast) identischen Spulen.
Shimano Citica 201D Spule - ohne Schnur16,1g/mit Testfüllung 23,7g
Daiwa Tatula Type R Spule - ohne Schnur 16,2g/mit Testfüllung 23,3g
Wie man unschwer erkennen kann sind sich die 2 Spulen mehr als ähnlich, beide sind tief, beide weisen eine lange Achse auf, beide besitzen ohne Schnurfüllung ein quasi identisches Gewicht. Mit Schnurfüllung etwa 2-3mm unter den Spulenrand ist das Gewicht beider Spulen noch immer mehr als ähnlich mit 23,3 bzw. 23,7g.
Geflochtene Schnur kommt bei meinen Wurfweitentests absichtlich nicht zum Einsatz - zu teuer um Maximalwerte zu testen wo es zu Perückenbildung kommen kann beim herantasten an die optimale Einstellung.
Durch Zufall bin ich auf diese Ähnlichkeit gestoßen und so auf die Idee mit dem Wurfweitenvergleich gekommen. Als Köder wählte ich einen 3,25 Zoll Lunker City Shaker am 10g Owner Football Jigkopf sowie einem Karabiner. Ködergewicht mit Karabiner = 15,1g (siehe Bild unten)
Lunker City Shaker 3,25 Zoll inkl. 10g Owner Football Jigkopf
Als Rute kam eine 210cm lange Medium zum Einsatz, welche sich bei oben genanntem Ködergewicht gut auflädt. Schnur war jeweils monofile 0,35mm in Neuzustand.
Um den Test etwas fairer zu gestalten und um der alten Shimano Citica etwas mehr Einstellmöglichkeiten zu geben, halbierte ich 2 rote Pins mit einem Messer und bemalte selbige schwarz mit wasserfestem Marker. (siehe Bild unten)
Citica 201D Spule mit schwarzen halbierten Pins (1 davon aktiv)
30m Maßband auf der Wiese zum Testen, vielleicht sollte ich mir noch ein längeres zulegen um die Sache einfacher zu machen ;)
Allgemeines Testsetup:
210cm Medium Rute
10g Owner Football Jigkopf + 3,25 Zoll Lunker City Shaker + Karabiner (Gesamtködergewicht 15,1g)
0,35mm monofile Schnur neu
Außentemperatur unter 5°C
Wurfweitentest 1:
Rolle Shimano Citica 201D etwa 8 Jahre alt in Originalzustand, Spulenlager ebenfalls Original
2 Pins der SVS Zentrifugalbremse mit Messer halbiert für mehr Einstellmöglichkeiten (siehe Bild oben)
Spulengewicht befüllt 23,7g
Schnurführung für jeden Testwurf in Mittelstellung für exaktere Ergebnisse
max. Wurfweite mit 1 aktiven halbierten Pin: 43,9 Meter
Wurfweitentest 2:
Rolle Daiwa Tatula Type R inkl. Abec 7 Keramikhybridspulenlager gereinigt, div. Tuning von anderen Teilen der Rolle
Spulengewicht befüllt 23,3g
Schnurführung für jeden Testwurf in Mittelstellung für exaktere Ergebnisse
max. Wurfweite mit Magnetbremse auf Einstellung 4: 46,3 Meter (+2,4 Meter bzw. + ~5,5% Weite)
Trotz des fortschrittlichen T-Wing Designs der Daiwa Tatula Type R welches einen freieren Schnurablauf während des Wurfs ermöglicht, gereinigten Abec 7 Hybridkugellagern welche als Spulenlager zum Einsatz kommen kann sich die aktuelle Tatula Type R kaum von einer immerhin 8 Jahre alten und damals gerade mal 119 Dollar teuren Shimano Citica 201D absetzen welche obendrein im Originalzustand (bis auf die halbierten Pins) daherkommt. 8 Jahre alte weitaus schlechtere Lager sind hier vollkommen nebensächlich, ebenso wie das veraltetete SVS Zentrifugal Bremssystem, welches in der Citica zum Einsatz kommt und nur mit öffnen des Seitendeckels zu justieren ist. Vom Wurfgefühl würde ich ebenso keiner von beiden Rollen einen klaren Vorteil zusprechen - beide werfen gemütlich und tadellos. Das TWS System der Tatula hat evtl. bei gewissen Würfen Vorteile. Wäre da nicht das um 68g höhere Gewicht der Shimano Citica 201D und das ziemlich große für kleinere Hände eher unhandliche Gehäuse könnte man fast sagen die Rollen schenken sich wenig.
212g im Falle der getunten Tatula Type R sind eben weit mehr zeitgemäß, als die schweren 280g der in die Jahre gekommenen Citica. Das Getriebe der Tatula läuft im übrigen deutlich sanfter und weicher im Gegensatz zum weniger passgenau gefertigten Getriebe der Citica - deutlich zu bemerken wenn man einen Köder durchs Wasser einkurbelt bzw. unter Zug einkurbelt. Das kompaktere leichtere Design der Tatula kann wohl auch als deutlich ansprechender und angenehmer zu handhaben eingestuft werden. (Siehe Bild unten)
Tatula Type R mit kleineren Knobs sowie 11 Kugellagern - 212g Eigengewicht
Zu guter letzt zeigt sich eben das die Physik die Grenze des möglichen vorgibt was die Wurfweite betrifft. Ohne leichtere sowie flachere Spulen ist fast keine zusätzliche Wurfweite möglich, vollkommen nebensächlich wie der Rest der Rolle gestaltet ist oder wie leicht die teuren Tuninglager laufen. Viele unterliegen dem Glauben eine teurere Baitcastrolle bietet automatisch deutlich mehr Wurfweite, dies ist nur dann korrekt wenn die teurere Rolle eine leichtere oder flachere Spule aufweist - in allen anderen Fällen gibts entweder eine fast identische Weite oder sogar eine schlechtere. Hat man den Wurfstil mit Baitcastrollen erst einmal anständig erlernt, lässt sich meist auch mit günstigeren Rollen der Köder auf anständige Weiten bringen.
Siehe für zusätzliche Information zur Auswahl der richtigen Spulen meinen Beitrag "Spulenbauweisen bei Baitcastern".